26.1.2021 -

„Unbequeme Fragen bringen uns weiter“

Open Innovation Cycle
Florian und Friederike Pfeffer mit Schals ihres eigenen Labels
Florian und Friederike Pfeffer wollen ihre digitale Strickmaschine kleinen Labels zur Verfügung stellen © Rene ten Broeke

Individuelle Kleidung, auf Wunsch gefertigt – Florian und Friederike Pfeffer wollen die Modeindustrie auf den Kopf stellen. Trotz langjähriger Erfahrung als Unternehmende setzen die zwei auf Unterstützung durch Business-Neulinge. Und das Starthaus.

Florian Pfeffer ist einer, der sich Gedanken über die Welt macht. Nicht erst seit gestern – der Grafikdesigner und frühere Hochschulprofessor schrieb etwa mit „To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt“ schon 2013 ein vielbeachtetes Werk, das sich mit Design in Zeitalter der Digitalisierung auseinandersetzt.

Zusammen mit seiner Frau Friederike führt er das one/one, eine Design- und Digitalberatung. Sich mit den Folgen der Digitalisierung auseinandersetzen – darin haben beide viel Erfahrung, haben doch die Möglichkeiten des Computers die Gestaltung in den vergangenen Jahrzehnten radikal verändert.

Decklein strick dich

Jetzt haben sie sich ein neues Feld vorgenommen – die Modeindustrie. Darauf kamen sie per Zufall. „Ich hab bei Youtube ein Video über eine Handstrickmaschine gesehen und wie jemand sie gehackt hat. Das hat uns zum Nachdenken gebracht“, so Pfeffer. Könnte man das im Industriemaßstab aufziehen? Eine Strickmaschine, die nur das strickt, was tatsächlich gebraucht und gewünscht wird? Nach Bedarf wie ein 3D-Drucker?

Die Pfeffers machten sich auf die Suche nach einem Dienstleister und gründeten kurze Zeit später Woollaa – eine Strickmaschine mit Internetanschluss. Auf der Webseite kann jeder Schals, Kissen oder Decken mit eigenem Muster erstellen und danach automatisiert produzieren lassen.

Zwei Kinder mit den Schals von Woolla
Woollaa macht’s möglich: Ein ganz individueller Schal nach eigenem Geschmack © Rene ten Broeke

Verschwendung und Überproduktion entgegenwirken

2016 war das. Rund 1.000 Strickwaren haben die beiden damit seitdem produziert. Und es hat sie Nachdenken lassen. „Nachhaltig einzukaufen wird immer mehr Menschen wichtig. Gleichzeitig ist die Modeindustrie verschwenderisch wie nie zuvor – die Digitalisierung gibt uns aber die Chance, es anders zu machen“, so Friederike Pfeffer.

Die großen Modelabels produzieren nicht selten 24 Kollektionen im Jahr und haben eine enorme weltweite Logistikkette aufgebaut. Das produziere nicht nur Millionen Tonnen Müll. Es mache es auch gerade kleinen Labels schwer, mitzuhalten. „Kundinnen und Kunden erwarten heute Abwechslung, da soll nicht eine Kollektion für ein halbes Jahr im Schaufenster hängen. Das kann aber kein Kleinunternehmen leisten“, so die Designerin.

Lokale Produktion – eine Chance für den Mittelstand

Weniger Verschwendung, mehr Nachhaltigkeit – sollte das, was mit Woollaa im kleinen Stil klappt, nicht auch im Großen möglich sein? Mit dieser Idee haben sich die beiden im vergangenen Jahr ans Werk gemacht und arbeiten derzeit daran, Woollaa zu skalieren – also für die große Bühne vorzubereiten.

„Wir wollen es kleinen Labels ermöglichen, Kleidung individuell zu fertigen, auf hohem Niveau und on demand“, so Friederike Pfeffer. Es würde nur produziert, was tatsächlich gekauft wird, Designerinnen und Designer können ihre Ideen schnell am Markt austesten. Ohne das wirtschaftliche Risiko, große Stückzahlen produzieren zu müssen, die am Ende keinen Abnehmenden fänden.

„Wir suchen dazu aktiv den Kontakt mit regionalen Strickereien, deren überschüssige Kapazitäten wir anmieten können und bauen parallel dazu an einer Software, die online Modelabels auf der einen Seite und die Strickereien auf der anderen Seite automatisiert verbindet. Unikate zum Massenpreis ist unsere Vision“, so die Designerin weiter. Woollaa soll somit zu einer Plattform werden. Statt selbst zu produzieren wird sie zum Verbindungsglied, das Profis in ihrem jeweiligen Metier zusammenbringt.

Ein Mann und eine Frau mit Woollaa-Schals
Den eigenen Schal kreieren dank digitaler Strickmaschine © Woollaa

Lernen im Open Innovation Cycle

Große Ambitionen, auch für das erfahrene Unternehmerehepaar. „Wie Design geht, wissen wir, wie eine Online-Plattform geht, das noch nicht“, sagt Florian Pfeffer. Um dieses Neuland nicht alleine betreten zu müssen, nehmen sie seit Mitte 2020 am Open Innovation Cycle des Starthauses teil.

Der OIC ist eine Art Trainingscamp für innovative und skalierbare Start-ups. In 12 Wochen feilen angehende Gründerinnen und Gründer an ihrer Idee, tauschen sich untereinander aus, erhalten Input, Coaching und Kontakte. Ziel ist es, sie fit für die Gründung zu machen. „Der Cycle ist genau richtig für uns. Wir erhalten auch mal unbequeme Fragen zu unserem Geschäftsmodell. Aspekte, an die wir vielleicht noch gar nicht gedacht haben und die uns im späteren Prozess deutlich mehr Zeit und Geld kosten würden“, so Florian Pfeffer.

Der Einstieg in den OIC ist dabei jederzeit möglich und für Ideen aus jeder Branche offen – Raumfahrt, IT, Lebensmittelindustrie, Kreativwirtschaft. Gerade die hohe Vielfalt der Teilnehmenden macht das Programm so wertvoll. Es ermöglicht angehenden Unternehmerinnen und Unternehmern mit neuen Perspektiven in Berührung zu kommen.

Coronakrise als Auslöser zum Umdenken

Für die Pfeffers ist die Woollaa-Plattform mehr als eine Idee – stecken sie doch rund ein Drittel ihrer Arbeitszeit in das neue Unternehmen. „Wir stehen voll dahinter und wollen es durchziehen, auch wenn das für uns neben unserem Designjob eine Mehrbelastung bedeutet“, so Florian Pfeffer. Eine Entwicklung, die er sich vor einem Jahr noch kaum hätte vorstellen können. „Krisen sind immer auch eine Chance. Ohne Corona hätten wir nicht den Druck gehabt, uns zu verändern und uns als Unternehmen breiter aufzustellen.“

Dem stimmt auch Friederike zu: „Es gibt gerade einen Umschwung im Verhältnis von Produzenten und Kundinnen und Kunden. Ich glaube, in den nächsten zehn Jahren wird sich viel verändern in Richtung nachhaltigerem Konsum. Wir wollen diesen Weg nicht nur mitgehen, sondern mitgestalten“, ergänzt sie abschließend.

Interesse geweckt? Alle Informationen rund um den Open Innovation Cycle findet ihr hier.

An einer Gründung interessiert? Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.

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