Beteiligungskompass für Startups
GründungswissenWas Gründende über Beteiligungskapital wissen sollten
Auf den ersten Blick erscheint die Landschaft der Startup-Finanzierungen häufig wie ein undurchsichtiges Labyrinth. Eine Flut an Optionen, vielfältige Kombinationsmöglichkeiten und sich stetig weiterentwickelnde Lösungen erschweren die Übersicht zusätzlich.
In diesem Artikel stellen wir die wichtigsten Basics zum Thema Beteiligungskapital als Orientierungshilfe vor. Was Beteiligungskapital kann, für welche Unternehmen es geeignet ist und worin seine Potenziale liegen.
Das Prinzip Beteiligungsfinanzierung
Im Grunde steht hinter dem Finanzierungsmodell Beteiligungskapital eine sehr intuitive Grundidee: Kapitalgeber:innen (meist aus der Privatwirtschaft) tätigen Investments in Unternehmen mit aktuellen Finanzbedarfen. Im Gegenzug erhalten sie dafür Anteile an Unternehmen und partizipieren an der Unternehmenswertsteigerung ebenso wie an zukünftigen Gewinnen. Je nach vertraglicher Vereinbarung kann auch eine Mitverantwortung für Verluste übernommen werden. Da keine Sicherheiten gestellt werden müssen, sind Beteiligungen für Startups sowie innovative Unternehmen im Entwicklungsprozess interessant.
Grundsätzlich kann sich eine Finanzierung durch Beteiligungskapital in verschiedenen Phasen einer Unternehmensgründung lohnen:
- Early-Stage-Modelle richten sich spezifisch an Startups, die sich noch in der Frühphase ihrer Aktivitäten befinden. Hinter diesem sogenannten Seed Capital verbergen sich meist Beteiligungsgesellschaften, Business Angels oder öffentliche Förderungsinitiativen.
- Im Gegensatz dazu ist das Growth Financing – wie der Name bereits andeutet – spezialisiert auf die Bedürfnisse von jungen Unternehmen im Wachstum, den Scale-ups. Nach der Definition der OECD zeichnen sich diese durch ein jährliches Durchschnittwachstum von mehr als 20 Prozent (bezogen auf Umsatz oder Mitarbeitende) über einen Zeitraum von drei Jahren aus. Zusätzlich verfügen sie zu Beginn der Betrachtung über mindestens 10 Beschäftigte. Bei ihnen beruht die Suche nach Finanzmitteln meist auf einer notwendigen Ausweitung bzw. Professionalisierung von Prozessen. Neben der Produktion selbst betrifft eine solche Expansion besonders die Erschließung von weiteren Märkten, den Vertrieb oder die Erweiterung des Portfolios.
Offen oder still – das ist hier die Frage
Wenn von Unternehmensbeteiligungen die Rede ist, kann klar zwischen offenen und stillen Formen differenziert werden:
Charakteristisch für die offene Variante ist besonders, dass Investor:innen durch den Erwerb von Anteilen unmittelbar an Wertsteigerungen von Startups partizipieren. Der Unterschied zur stillen Beteiligung liegt darin, dass sie im Handelsregister bekannt gemacht wird. Die Früchte von erfolgreich direkt eingesetztem Beteiligungskapital können somit meist im Rahmen des Wachstums eines unterstützten Businesses geerntet werden. Üblich ist dieses Finanzierungsmodell vor allem in Branchen, in denen hohe Zuwächse von Unternehmenswerten keinen Seltenheitswert haben (wie etwa im Tech-Bereich).
Im Gegensatz dazu nimmt die Kapitalspritze bei stillem Beteiligungskapital (geregelt in §§ 230 ff. HGB) verdeckte Formen an: Zur Realisierung von Startup-Investitionen wird hier dadurch beigetragen, dass Gesellschafter:innen Finanzeinlagen leisten, die sich nicht auf das Gesellschaftskapital auswirken. Als Gegenleistung für die Aufwendung von Kapitalmitteln werden den Investor:innen eine Vergütung garantiert. Wie hoch diese im Detail ausfällt, unterliegt den jeweiligen Vereinbarungen zwischen Kapitalgebenden und Zielunternehmen. Gesetzlich sind geringe Einfluss- und Kontrollrechte bei stillen Beteiligungen vorgeschrieben.
Der Name „stille“ Beteiligung ist dabei Programm – denn von außen hin wird sie nicht offensichtlich (mit Ausnahme der AG). Zudem wirken stille Gesellschafter:innen im Regelfall nicht an Aufgaben der Geschäftsführung mit. Aufgrund seiner langfristigen Ausrichtung und seiner Freiheit von Tilgungsplänen eignet sich das stille Beteiligungskapital besonders für Startups und junge Unternehmen.
Viele Eigenschaften von stillen Beteiligungen ergeben sich daraus, dass es sich dabei um eine Sonderform des Finanzierungsmodells Mezzaninekapital handelt. Anders gesagt: Es liegt ein Hybrid aus Eigen- und Fremdkapital vor, was für Investor:innen und Startups weitreichende Konsequenzen mit sich bringt. Unter anderem wird das Kapital zum Teil als Basis fest verzinst und zusätzlich durch einen erfolgsabhängigen Baustein komplettiert.
Zusammengefasst können die Unterschiede zwischen offenen und stillen Beteiligungsformen wie folgt auf den Punkt gebracht werden: Während direkte Gesellschafter:innen Anteile und daran geknüpfte Rechte erwerben, leisten ihre stillen Pendants ausschließlich finanzielle Unterstützung in Form einer Kapitaleinlage. Vor diesem Hintergrund sind Einfluss- und Informationsrechte regelmäßig nur bei offenen Beteiligungen von Bedeutung. Stille Beteiligte hingegen treten im Regelfall nicht öffentlich in ihrer Rolle in Erscheinung und wirken daher auch nicht aktiv am täglichen Geschäft mit.
Sonderfall atypisch stille Beteiligungen
Wie der Name es bereits verspricht: Im Kern verbirgt sich hinter atypisch stillem Beteiligungskapital eine stille Beteiligung mit Anpassungen. Die oben beschriebenen Eigenschaften treffen also nach wie vor für sie zu. Die Besonderheit liegt darin, dass Kapitalgeber:innen und Zielunternehmen Vereinbarungen treffen, die es ermöglichen, den gesetzlich geregelten Basischarakter von stillen Beteiligungen an individuelle Verhältnisse anzugleichen. In der Praxis werden die entstehenden Gestaltungspielräume unter anderem in folgenden Konstellationen genutzt:
- Einsatz von Gesellschafter:innen in geschäftsführender Funktion
- Abweichende Beteiligung an Wachstum oder Verlust
- Einführung von Kontroll- und Vetorechten
Die Exit-Perspektive
Am Ende einer Finanzierung durch Beteiligungskapital steht allgemein der Ausstieg der bisherigen Investor:innen. Nach Ablauf der Laufzeit kommt es entsprechend zum sogenannten „Exit“, der in mehreren verschiedenen Arten vollzogen werden kann. Hier wird kurz die Wirkungsweise von drei relevanten Grundtypen vorgestellt. Welche Option im Einzelfall geeignet ist, hängt dabei ganz von der Ausgangslage des jeweiligen Startups bzw. jungen Unternehmens ab.
- Gang an die Börse: Diese Perspektive wird vor allem bei innovativen Unternehmen nach einer direkten Beteiligung verfolgt. Durch verkaufte Aktien verfügt das Unternehmen in Zukunft verstärkt über Eigenkapital, das zur Wachstumsfinanzierung genutzt werden kann.
- Trade Sale: Bei einem Trade Sale werden Unternehmensbeteiligungen an neue Investor:innen weiterveräußert. Für das Zielunternehmen bedeutet ein solcher Verkauf die Erschließung von zusätzlichen Finanzierungsquellen, die eine weitere Expansion unterstützen können.
- Buy Back: Im Fall eines Buy Backs findet ein Rückkauf der Beteiligung durch das Startup oder junge Unternehmen selbst statt. Voraussetzung für diese Alternative ist aber, dass ausreichende Cashflows in der Vergangenheit generiert werden konnten, um das Vorhaben tatsächlich umzusetzen. Gebräuchlich ist der Rückkauf besonders bei stillen Beteiligungsformen.
Vorteile der Finanzierung durch Beteiligungskapital
Über den Tellerrand hinauszuschauen, kann sich für Unternehmen mit Kapitalbedarf auszahlen. Denn eine von den traditionellen Finanzierungsformen abweichende Beteiligung kann vielfältige positive Auswirkungen mit sich bringen. Exemplarisch zu nennen sind unter anderem:
- Bonitätssteigerung: Mit Beteiligungen stellen Investor:innen Startups und jungen Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung. Entsprechend steigt im Rahmen der Finanzierung die Eigenkapitalquote, wodurch sich die Vertrauenswürdigkeit des Zielunternehmens und damit verbunden seine Bonität längerfristig erhöht.
- Finanzieller Spielraum: Gerade in der Wachstumsphase sind große finanzielle Aufwände u. a. für die Ausweitung von Produktions- und Vertriebsaktivitäten unvermeidbar. Die an Beteiligungen geknüpften Kapitalströme können daher dazu beitragen, interne Projekte flexibel und bedarfsgerecht zu realisieren – ohne dass kurzfristige Finanz-Zwänge unüberwindbare Hindernisse darstellen.
- Netzwerkbildung: Investor:innen sind für Startups und junge Unternehmen nicht nur aus finanziellen Gründen wertvolle Kontaktpersonen. Durch ihre Expertise und Erfahrung bietet sich auch die Möglichkeit des Networkings, woraus sich Impulse für die weitere professionelle Aufstellung des Geschäftskonzepts ergeben können. Beispielsweise können Netzwerkpartner:innen helfen, langfristige Strategiekonzepte zu entwerfen, die den Grundstein für die zukünftige Entwicklung eines Startups legen.
Passende Partner:innen für Beteiligungen
- Venture Capital Gesellschaften: Unter Venture Capital Gesellschaften versteht man private Investor:innen, die gezielt Risikokapital für Startups in der Anfangsphase der Gründung anbieten. Dass diese Investments mit vergleichsweise hohen Unsicherheiten behaftet sind, spiegelt sich in einer großen Erwartungshaltung auf Investor:innen-Seite wider.
- Private Equity Gesellschaften: Ähnlich wie beim Venture Capital handelt es sich hier um Gesellschafter:innen aus der Privatwirtschaft. Jedoch liegt ein Tätigkeitsschwerpunkt bei Private Equity Gesellschaften vor allem zum Beispiel auf Expansionsfinanzierungen. Ursprünglich stammen die Mittel u.a. von Banken und Versicherungen.
- Family Offices: Hinter den Family Offices verbergen sich finanzstarke Familienunternehmen, die ihr Vermögen professionell verwalten lassen z.B. als Stiftungen oder Fonds. Traditionell waren sie eher für Investments in Venture Capital und Private Equity Firmen bekannt, welche dann indirekt an Startups und junge Unternehmen flossen. Aktuell sind allerdings auch Direktinvestitionen von Family Offices in Existenzgründungen stark im Kommen.
- Förderinstitute von Bund und Ländern: Die Förderbanken auf Bund oder Länderebene bieten eine öffentliche Alternative zum Markt der privaten Beteiligungsanbieter. Im Bundesland Bremen ist die BAB – Die Förderbank mit Ihrem Segment Starthaus, die spezialisierte Ansprechpartnerin für die Vergabe von solchen Beteiligungsfinanzierungen.
- Business Angels: Business Angels sind Personen, die als Investor:innen Unternehmen Beteiligungskapital zur Verfügung stellen. Häufig stellen für Gründende auch ihre Expertise und ihre Beziehungen einen wahren Mehrwert dar. Die Organisation untereinander erfolgt zum Beispiel über Business Angel Netzwerke.
Beteiligungen spielen auch für uns als Starthaus eine entscheidende Rolle. Unsere Produkte in Kooperation mit der BAB – Die Förderbank orientieren sich dabei passgenau an den Bedürfnissen verschiedener Gruppen der Gründungsszene in Bremen und Bremerhaven.
Der Initialfonds richtet sich speziell an Gründer:innen von KMU mit innovativem und nachhaltigem Zukunftskonzept sowie einer geschlossenen Gesamtfinanzierung. Sofern das Unternehmensalter bei maximal drei Jahren liegt, sind im Rahmen dieses Programms sowohl offene als auch stille Einlagen in Höhe von bis zu 750.000 Euro möglich.
Ergänzt wird das Angebot durch den EFRE-Beteiligungsfonds, der mithilfe von EU-Mitteln kofinanziert wird und Ressourcen für offene Beteiligungen und ergänzenden Nachrangdarlehen bereitstellt. Neben Investitionen in frühe Entwicklungsschritte (zum Beispiel für Produkt-Design und Markteinführung) eignet sich dieses Modell auch für die Expansionsphase (zum Beispiel zum Kapazitätsausbau). Grundsätzlich gilt eine Obergrenze der Investitionssumme von 400.000 Euro pro Unternehmen, welche sich beim Vorliegen bestimmter Kriterien noch weiter erhöhen kann. Der Exit ist nach einer Laufzeit von sieben Jahren vorgesehen.
Dieser Beitrag bietet euch nur einen kurzen Einblick in die verschiedenen Formen und Möglichkeiten der Beteiligung für Startups und junge Unternehmen. Er hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ist nach den aktuellen Maßgaben erstellt worden. Wenn das für euch interessant ist, nehmt gern die Unterstützung durch unsere Expert:innen an und lasst euch umfassend beraten.
Konnten wir euer Interesse für eine Finanzierung durch Beteiligungskapital wecken? Falls ja, stehen euch unsere spezialisierten Mitarbeiter:innen für eine Beratung jederzeit gern zur Seite. Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an.
Erfolgsgeschichten
„Wenn ich Raketentreibstoff in einen VW-Käfer gieße, geht er kaputt“, sagt Professor Dr. Christian Horneber. Damit meint der Investment-Experte, dass Venture Capital im Vergleich der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten wohl der stärkste Booster ist. Doch nicht für jedes Startup ist es geeignet.
Zum ArtikelJulija Storz hat mit EINA Circle eine Plattform geschaffen, die Frauen untereinander vernetzt und Wissen zu weiblicher Gesundheit und Selbstfürsorge vermittelt. In Bremen fand sie mit dem Starthaus Bremen und Bremerhaven die nötige Unterstützung und ein lebendiges Netzwerk.
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