Warum Zahnputztabletten nicht nur was für Ökos sind
Starthaus CrowdfundingZahnpasta in Tablettenform ist nicht neu auf dem Markt, in den Regalreihen bekannter Drogeriemärkte trotzdem eher selten zu finden. Dabei steigt die Nachfrage nach Kosmetik-Produkten, die auf Nachhaltigkeit setzen. Eine gesunde und umweltfreundliche Zahnpflege zu entwickeln, die dem Zahnputzerlebnis mit herkömmlichen Produkten in nichts nachsteht – das haben sich die beiden Gründer von bresh zum Ziel gesetzt. Bei ihrem Gründungsvorhaben unterstützte das Starthaus Bremen & Bremerhaven.
Das erste Mal mit einem Tab Zähne geputzt hat Luca Dammann vor ungefähr zehn Jahren. Zugegeben, das Gefühl dabei war zunächst ungewohnt – aber mit der Zeit kam auch die Gewohnheit. Zahnpflege-Tabs funktionieren nach dem gleichen Prinzip, das auch Shampoo oder Duschgel in feste Form bringt: Sie enthalten kaum Wasser. Damit aus der kleinen Tablette eine zahncremeähnliche Substanz entsteht, wird sie zerkaut.
Zahnputztabletten: nicht neu, aber mit Innovationsbedarf
Dammann, der gerne und oft unterwegs ist, war schnell klar: Die Tabs sind praktisch auf Reisen, nehmen wenig Platz weg. Auch zuhause in seinem Badezimmer stehen die Tabletten seitdem und ersetzen die übliche Zahncreme aus der Tube. Wenn Freunde und Bekannte sich neugierig nach den Tabs erkundigten, gab er ihnen welche zum Testen mit. „Fast immer kam das Feedback, dass es zwar ganz witzig sei, aber nicht das gleiche Gefühl wie mit Zahnpasta“, erzählt er rückblickend. Dabei müsste es doch möglich sein, dachte er sich eines Tages, das Beste aus beiden Produkten zu vereinen: Schaum, Geschmack und das angenehme Gefühl herkömmlicher Zahncreme, die gesunden Inhaltsstoffe und nachhaltige Herstellung der Tabs.
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Zwei Freunde mit Neugier auf ein eigenes Unternehmen
Luca Dammann ist hauptberuflich Fluglotse und zog 2016 für seine Ausbildung nach Bremen. Aus seinem Traumjob wurde zwischenzeitlich Realität, die wachsende Gründer:innenszene in Bremen kitzelt aber etwas in ihm wach. „Gründen als Alternative fand ich immer spannend, sich selbst neue Ideen zu überlegen und sich mit anderen Gründer:innen auszutauschen“, sagt er.
Auch der zweite Gründer von bresh, Florian Schulte-Fabry, Groß- und Außenhandelskaufmann, teilt diese Neugier: „Die Arbeit im Vertrieb macht Spaß, aber das kann es noch nicht gewesen sein“, glaubt er. Über einen gemeinsamen Freund lernten sich Luca und Florian kennen und merkten schnell, wie das Interesse an einer Gründung beide verband.
Zahnputztabletten sparen Müll im Badezimmer
„Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist die Idee hinter einer Zahnputztablette genial“, findet Schulte-Fabry. „Man kann viel Müll dadurch einsparen, es fällt viel Wasser weg und der Transport verbraucht weniger CO2.“ In Deutschland landen jedes Jahr mehr als 400 Millionen Tuben Zahnpasta im Müll. „Trotzdem werden die Tabs oft als Alternative aus dem Bioladen abgetan. Dabei waren Zahnputztabletten lange sogar in Plastik verpackt und haben erst jetzt die plastikfreie Nische für sich entdeckt“, ergänzt Dammann. Ob mit oder ohne Plastik – feststeht: Die Alternative hat sich bisher nicht durchgesetzt. „Die Idee findet Zuspruch, aber beim Zähneputzen ziehen die Leute dann eine Grimasse vor dem Spiegel“, sagt Schulte-Fabry. In der Zahnputztablette sahen die beiden eine Chance für ihre Gründung. Und fragten sich: Geht das nicht besser?
Geschützte Zähne dank Zellulose
Es geht – mit einem Zahnputz-Tab auf Basis von Zellulose: Zerkleinerte Holzfasern, die polieren. Dadurch bietet der Zahn weniger Haftungsfläche und ist so den Tag über gut geschützt. Zellulose ist laut den Gründern ein Inhaltsstoff, den herkömmliche Zahnpasta nicht enthält. Bei den breshtabs kommt eine Mischung aus Aromen, Fluorid und Xylit als Zuckerersatzstoff hinzu – „dadurch verhungern die Kariesbakterien“, weiß Dammann. All diese Stoffe haben einen nachweislich positiven Effekt auf die Zähne, so sagt es zumindest die wissenschaftliche Studienlage. Fluorid steht als Inhaltsstoff zwar häufig in der Kritik, viele Studien weisen aber auch eine remineralisierende Wirkung auf den Zahnschmelz nach. „Wir haben uns eine Menge Wissen angelesen, denn für uns beide war klar: Wir wollen eine Liste der Grundzutaten auswählen, um diese anschließend gemeinsam mit einem Labor zu prüfen“, erzählt Schulte-Fabry.
Die schwierige Suche nach einem Hersteller für breshtabs
Für die ersten Versuche wurde der Küchentisch in Luca Dammanns Wohnung kurzerhand zum Labor umgewandelt: Die beiden Freunde bestellten sich reichlich Zubehör und Zutaten nach Hause und pressen eine Tablette nach der anderen – bis sie auf über 70 Varianten kommen. Ein Tab, der wie herkömmliche Zahncreme gut aufschäumt und damit auch die Probleme herkömmlicher Tabs löst, war schlussendlich auch dabei – und damit ein aussichtsreicher Kandidat für eine Serienfertigung gefunden.
Schwieriger lief die Suche nach einem Hersteller, der die Tabs nicht nur produzieren, sondern auch ein kompetentes Feedback zu den Inhaltsstoffen geben kann. „Wir haben reihenweise Absagen erhalten, weil keiner so richtig in dem Thema drin war“, so Schulte-Fabry. Und Dammann ergänzt: „Offiziell zählen die Tabs als Kosmetik, die Produktion ist aber eine Nische aus Medizin und Nahrungsergänzungsmitteln“. Nach langer Suche finden die beiden ein Unternehmen, das bereits Zahnputz-Tabs herstellt und vertreibt – allerdings alle nach dem gleichen Muster. Die beiden Gründer stellen den ersten Auftrag mit einer eigenen Zutatenliste.
„Uns geht es darum, zu zeigen, dass Nachhaltigkeit völlig im Mainstream angekommen ist – ein umweltfreundliches Produkt kann für alle attraktiv sein“, sagt Dammann. Der Fokus von breshtabs liegt deshalb auf dem Menschen: Es sollen nur Inhaltsstoffe enthalten sein, die für die Zahngesundheit wirklich notwendig sind. Dass viele kosmetischen Produkte mit unnötigen und teilweise sogar kritischen Zusatzstoffen aufgefüllt werden, sei nicht neu – darunter auch Zahnpasta. Breshtabs kommen ohne Konservierungsstoffe, Feuchthaltemittel, Alumina, Mikroplastik, SLS, PEG, Parabene und nicht-vegane Inhaltsstoffe aus.
Klimaneutrale Produktion durch Aufforstung
Auch eine geeignete Verpackung für die Tabletten zu finden, stellte sich als schwierig heraus – wichtig sei der Schutz vor Feuchtigkeit. Als nachhaltige Lösung kämen industriell kompostierbare Verpackungen infrage, gäbe es da nicht einen Haken: „Die Mülldeponien in Europa sind darauf noch nicht ausgelegt“, erklärt Schulte-Fabry. Die breshtabs kommen deshalb zunächst in einer Papierverpackung, auch die Umverpackung besteht aus Papier sowie Papierpolstertaschen und wird CO2-neutral versandt.
Bestellen lassen sich die Tabletten online im Shop des jungen Unternehmens. Und wer in Bremen wohnt, kann bereits in den ersten Unverpacktläden die Zahnputztabletten erstehen. „Wir können uns vorstellen, unsere Vertriebswege in Zukunft noch zu erweitern – natürlich wäre es schön, wenn wir in ganz Deutschland eines Tages in den Läden stehen“, so Dammann.
Eine gute Ökobilanz für Produkt und Verpackung reicht den beiden aber nicht aus – auch die Produktion soll möglichst umweltschonend ablaufen. Um den produktionsbedingten CO2-Ausstoß auszugleichen, wollen die Gründer einen Teil ihrer Einnahmen für Aufforstungsprojekte verwenden. Dafür sind sie Partner von Deutschland Forstet Auf. Die Initiative vernetzt Menschen in Deutschland, sodass über Patenschaften vor Ort Wälder entstehen und gepflegt werden.
Crowdfunding-Kampagne startete im September 2021
Um das nötige Startkapital für die Prototypenentwicklung und erste Serienfertigung zu sammeln, haben sich die beiden Gründer im September 2021 für eine Starthaus Crowdfundingkampagne auf der Plattform Startnext entschieden.
„Die Mischung und das Pressen kostet für zehn Tabletten fast genauso viel wie für 100.000 Tabletten – die Schwelle für den Produktionsstart liegt so hoch, dass wir sie nicht selbst tragen können“, begründet Dammann.
Bei der Suche nach einer geeigneten Finanzierung unterstützte das Starthaus Bremen & Bremerhaven. Die Gründer holten sich eine Beratung durch die Starthelfer:innen ein und nahmen an einem Workshop teil. Letztendlich fiel die Empfehlung auf eine Starthaus Crowdfundingkampagne. „Wir haben alle Tipps mitgenommen und darauf basierend die Kampagne aufgebaut“, so Dammann. Den Weg über Crowdfunding kennt er bisher aus der Perspektive als Konsument und unterstützte bereits andere Gründende bei der Umsetzung ihrer Ideen.
Für ihr Gründungsvorhaben sind die beiden zuversichtlich – und neben zwei Vollzeitjobs auch gut beschäftigt. Um alle anstehenden Aufgaben unter einen Hut zu bekommen, hilft ihnen neben einer guten Arbeitsaufteilung auch die verbindende Freundschaft. „Wir sind komplett offen und wissen, dass wir uns auf den anderen zu einhundert Prozent verlassen können. Meist sind wir uns sehr einig, und wenn es doch mal Meinungsverschiedenheiten gibt, geben wir uns gegenseitig Raum und haben Verständnis für die andere Person“, sagt Schulte-Fabry. Nach einem vollen Arbeitstag geht es für die beiden fast jeden Abend zurück an den Schreibtisch, um breshtabs voranzubringen. „Es macht total Spaß auf etwas hinzuarbeiten und etwas Eigenes zu erschaffen. Das ist eine ganz andere Art der Motivation“, findet Dammann.
Und darum sind die Beiden unser „Ding des Monats“ im April 2022. Wollt ihr mehr über die weiteren Teilnehmenden im „Ding des Monats“ erfahren? Dann geht es hier entlang:
Das Ding des Monats - powered by Starthaus
Dezember 2021: Claudia Schreiber und ihre Seifenmanufaktur
Januar 2022: Laura Brandt und ihr nachhaltiger Gewürzhandel
Februar 2022: Die Fadenfactory von Antje Heuer
März 2022: Das Designstudio weserholz
Mai 2022: Soft-Drinks von BETTERGY
An einer Gründung interessiert? Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.
Erfolgsgeschichten
Brita Schemmann, Professorin an der Hochschule Bremen, spricht über die Studieninhalte, Herausforderungen und Visionen des Masterstudiengangs „Sustainable Business & Entrepreneurship“ und erklärt, warum wir mehr Menschen brauchen, die Veränderungen vorantreiben.
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