12.1.2024 - Mona Fendri

Wie eine Bremer Agentur die Werbebranche auf den Kopf stellt

Starthaus Women

Mit dem Female Marketing Club setzt sich Mia Böhk für mehr Diversität in der Werbung ein

Mia Böhk
2023 gründete Mia Böhk die feministische Werbeagentur „The Female Marketing Club“. © Female Marketing Club

„Die Werbebranche braucht eine Revolution!“, ist die provokante Aussage, die in großen Lettern auf der Website des Female Marketing Clubs steht. Werbung diverser gestalten, klassische Geschlechterrollen und Diskriminierung durchbrechen und Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten sensibilisieren – das sind nur einige der ambitionierten Ziele der brandneuen Werbeagentur aus Bremen.

Hinter dem Unternehmen steht Gründerin Mia Böhk. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, die Themen Diversität und Feminismus im Marketing voranzutreiben, aber auch Frauen in der Werbebranche zu fördern und frauengeführte Unternehmen zu unterstützen. Selbstbewusst und sympathisch tritt sie auf, als sie zum Gespräch lädt.

Langjährige Berufserfahrung in der Werbebranche

Mia Böhk ist ein alter Hase, was Werbung angeht. Ihre Ausbildung machte sie bei einer renommierten Bremer Werbeagentur und arbeitete sich dort bis zur Art Direktorin hoch. „Mehr als zehn Jahre lang habe ich Projekte für namhafte Unternehmen und Marken betreut“, erzählt sie. „Ich habe eine Führungsposition in der Werbeagentur übernommen und ein kleines Team geleitet. Ich bin in dieser Aufgabe wirklich aufgegangen.“

Doch ein Thema beschäftigte sie stark: „Wir zeigen in der Werbung immer noch zu sehr den einen Typ Mensch: jung, schlank, weiß, ohne Behinderung.“ Dabei sei es jedoch wichtig, eine vielfältigere Bandbreite an Personen zu zeigen, sodass sich viel mehr Menschen repräsentiert fühlen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2021 von YouGov Germany, sei es für mehr als die Hälfte der Deutschen relevant, dass Unternehmen in ihrer Kommunikation, beispielsweise in der Werbung, ein möglichst diverses und vielfältiges Gesellschaftsbild zeigen.

Ergebnisse einer Umfrage von YouGov
Laut einer Studie von YouGov Germany möchte mehr als die Hälfte der Befragten, dass Unternehmen auf Diversität in der Werbung achten. © YouGov Germany

Gerade die Gen Z, die etwa ein Drittel der weltweiten Bevölkerung ausmacht und sich mit ihrer steigenden Kaufkraft zu einer wirtschaftlichen Einflussgröße entwickelt, achte besonders auf Diversität und Inklusion im Marketing. Laut einer Studie von House of Yas aus dem Jahr 2021 würden rund 65 Prozent der Befragten eher von Marken kaufen, die in ihrer Kommunikation eine Vielfalt an Geschlechtern, Sexualität und Herkunft zeigen. Und auch Böhk ist überzeugt: „Werbung mit Diversität verkauft sich besser.“

Ein Netzwerk an Gleichgesinnten

Im Februar 2023 verließ die Marketingexpertin ihre Arbeitgeberin und entschied sich, eine eigene Werbeagentur zu gründen, die den Fokus auf Diversität legt und sensibilisiert mit Diskriminierung und Geschlechterklischees umgeht. In den ersten Monaten ihrer Selbstständigkeit konzentrierte sie sich darauf, ein Netzwerk an Marketing- und Diversity-Expertinnen aufzubauen. Fotografinnen, Designerinnen, Webentwicklerinnen – Böhks Female Marketing Club besteht momentan aus einer breiten Palette an Selbstständigen, die gemeinsam an Werbeaufträgen arbeiten. „Wir stehen nicht im Wettbewerb zueinander, wir arbeiten miteinander,“ so die Gründerin. „Leider gibt es in der Werbebranche noch zu wenig Frauen in Führungspositionen, und deshalb konkurrieren sie untereinander, um den einen Platz zu bekommen. Kooperationen unter Frauen im Beruf gehen nur, wenn die Frauen viele Chancen bekommen, sich zu beweisen.“

Doch auch wenn der Female Marketing Club momentan aus einem reinen Frauen-Netzwerk besteht, sei dies keine Voraussetzung, um Teil des Ganzen zu werden. Auch männliche Experten seien willkommen. Eine Anforderung gibt es allerdings. „Mir ist es wichtig, dass alle, mit denen ich kooperiere, die Werte des Female Marketing Clubs selbst leben und wirklich Lust auf die Projekte haben“, sagt Böhk.

Mia Böhk vor einem Flipchart
Aktuell besteht der Female Marketing Club aus einem Netzwerk an engagierten, selbstständigen Marketing-Expertinnen. © Female Marketing Club

Diversity-Audit entwickelt

Doch wie sieht eine diverse Marketingmaßnahme aus? Und wie arbeitet eine Werbeagentur mit Diversitätsgarantie? „Es kommt natürlich sehr individuell auf das Produkt an, das wir vermarkten wollen, aber in erster Linie geht es darum, möglichst vielfältige Personen zu zeigen und keine Genderrollen und Rassismus zu reproduzieren“, erklärt die Jungunternehmerin. So könne man zum Beispiel in einer Werbung sowohl die junge, weiße, schlanke Frau zeigen, als auch People of Colour, Personen mit Behinderung sowie ältere Menschen. Es ginge hauptsächlich darum, nicht nur ein Schönheitsideal in den Vordergrund zu stellen, sondern die ganze Bandbreite. „Unternehmen müssen verstehen, dass sie keine finanzielle Einbuße haben werden, wenn sie Diversität in ihrer Werbung zeigen.“

Um zu garantieren, dass sie das Diversitätsversprechen ihres Unternehmens dem Kunden oder der Kundin gegenüber einhalten kann, lässt Böhk ihre Entwürfe während des gesamten Entstehungsprozesses von unabhängigen Diversity-Expertinnen und -Experten prüfen. Dabei handelt es sich um Berater:innen, die im Bereich Diversity ausgebildet sind und regelmäßig Workshops und Coachings für Unternehmen und Institutionen anbieten. „Ich tausche mich regelmäßig mit den Expertinnen und Experten aus, um die Diversity-Mechanismen selbst besser zu verstehen“, verrät Böhk. „Ich kann sie auf schnellem Wege kontaktieren, sodass es zeitlich auch keine Verzögerungen gibt. Es ist eine gute Zusammenarbeit.“

Frauengeführte Unternehmen als Wunschzielgruppe

Aktuell arbeitet die Werbeagentur hauptsächlich mit öffentlichen Stellen und gemeinnützigen Vereinen zusammen, die sich mit geschlechterspezifischen Themen auseinandersetzen wie Frauengesundheit oder Prävention von Gewalt gegen Frauen. Es sind Felder, die Böhk persönlich ein Anliegen sind.
In Zukunft möchte sie ihre Expertise noch zusätzlich einem weiteren Kundinnen-Pool anbieten: „Junge, selbstständige Unternehmerinnen sind meine Wunschzielgruppe. Ich möchte gerne Frauen und frauengeführte Unternehmen fördern und unterstützen, denn ich glaube, dass wir mit der von uns produzierten Werbung mehr verkaufen und Unternehmerinnen stärken können“, ist die Marketingexpertin überzeugt. Doch grundsätzlich steht der Female Marketing Club als Werbeagentur allen Unternehmen zur Verfügung, die mehr Diversität zeigen wollen.

Mia Böhk bei einer Präsentation
Der Female Marketing Club achtet auf Diversität, Inklusion und Fairness in der Werbung. © Female Marketing Club

Gute Gründer:innen-Szene in Bremen

Seit September 2023 gibt es den Female Marketing Club offiziell. Die Monate vor der Gründung hatte die Jungunternehmerin ihr Netzwerk aufgebaut und Kundinnen- und Kundenakquise betrieben. Hierfür suchte sie verschiedene Netzwerke für Gründer:innen auf – unter anderem nahm sie an Veranstaltungen des Female Founders Coffee Clubs des Starthauses Bremen & Bremerhaven teil und knüpfte wertvolle Kontakte. „Ich finde diese Eventreihe sehr spannend und habe einige Unternehmerinnen auf diesem Wege gefunden, mit denen ich jetzt zusammenarbeite“, erläutert die Gründerin.

Im Allgemeinen ist Mia Böhk von der Gründungsförderung in Bremen sehr angetan. Das Starthaus und der Verein belladonna zur Frauenförderung seien zwei Anlaufstellen gewesen, die sie bei ihrer Selbstständigkeit unterstützt und ihr das nötige Selbstvertrauen für ihr Projekt gegeben hätten. „Bei beiden Institutionen habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht. Meine Idee wurde von Anfang an sehr ernst genommen und ich habe mich gestärkt gefühlt“, erläutert sie. „Ich habe beim belladonna Coaching für Existenzgründerinnen mitgemacht. Beim Starthaus habe ich auch an interessanten Workshops teilgenommen, zum Beispiel bei ‚Keine Angst vor dem Finanzamt‘. Das hat mir alles sehr viel gebracht.“

Der Blick in die Zukunft

Angespornt von den ersten positiven Ergebnissen ihres jungen Unternehmens, schmiedet Böhk Pläne für die Zukunft. „Ich möchte mich auf jeden Fall personell vergrößern und vor allem ist es mir ein Anliegen, junge Talente zu fördern.“ Wichtig sei der Unternehmerin, ein sicheres Umfeld für ihre zukünftigen Mitarbeitenden zu kreieren, wo sich jeder und jede entfalten könne.

Böhks Ziel ist es, ein Unternehmen zu führen, das Wert auf flexible Arbeitszeitmodelle, Work-Life-Balance und familienfreundliche Arbeitsbedingungen legt, aber auch die individuellen Fähigkeiten und Kompetenzen der Einzelnen in den Vordergrund stellt. „Ein fester Teil meiner Agentur soll die Frage sein, wie wir in Zukunft die Arbeitswelt ein Stück verändern können. Themen wie gewaltfreie Kommunikation, Sensibilisierung für Sexismus und Rassismus am Arbeitsplatz und natürlich Diversity-Coachings werden ein wichtiger Teil meiner Strategie sein“, schließt sie ab.

Wollt ihr ein Unternehmen gründen, euer Business sicher starten oder weiter wachsen? Dann schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.

Erfolgsgeschichten


Social Entrepreneurship
27.08.2024
„Dieses Mal wollen wir es anders und besser machen.“

Nach der Auflösung ihres ersten Unternehmens PARU GmbH standen Erik Ruge und Paul Kukolka vor der Entscheidung: Aufgeben oder neu anfangen? Sie entschieden sich für den Neuanfang und gründeten Casca Minga, ein Unternehmen, das koffeinhaltige Erfrischungsgetränke aus der Schale der Kaffeekirsche herstellt. Sie erzählen im Interview, wie sie aus Fehlern gelernt und mit frischer Energie einen zweiten Anlauf gewagt haben.

zum Artikel
Erfolgsgeschichten
16.08.2024
Der süße Traum vom eigenen Candy Shop

Wie ein Kind im Süßwarenladen kann sich Kim Sarah Wendt-Wehmeyer jeden Tag bei der Arbeit fühlen. Und ihre große und kleine Kundschaft erst recht. Die 24-Jährige ist Gründerin und Inhaberin von „Kim’s Candy Shop“ in Bremerhavens Fußgängerzone.

Zum Artikel bei der BIS Bremerhaven
Erfolgsgeschichten
12.08.2024
Mit Mut und Geschmack

Stil und Design wie in einem hippen Großstadt-Bistro. Charme und Freundlichkeit, wie es sie vielleicht nur noch „auf dem Dorfe“ gibt - das charakterisiert „Annie’s Café“ im Bremerhavener Stadtteil Surheide. Für die Inhaberin Anja Brantzen hat sich mit dem Lokal in einem ehemaligen Einzelhandelsgeschäft einen Traum erfüllt.

Zum Artikel