Investition in Gesundheit und Medizin
FinanzierungAndreas Grund fördert Healthcare-Startups in Bremen
Jetzt ist die nächste Generation dran: Andreas Grund hat in den letzten fünf Jahren die Nachfolge des 2004 von ihm gegründeten Unternehmens für medizinische Auftragsforschung aufgebaut. Als CEO bei der GCP-Service International hat er sich im letzten Jahr zurückgezogen. Nun sorgt er mit seinen Investments dafür, dass junge Bremer Startups im Bereich der Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft wachsen können.
„Ich sehe das Investment als eine Partnerschaft“, beschreibt Andreas Grund seine Haltung. Beide Seiten – Investor:innen wie Startup-Unternehmen – müssten den Mehrwert erkennen, den sie jeweils einbringen können. Die Healthcare-Branche sei ein komplexer, aber zukunftsträchtiger Markt, weiß der Technologieunternehmer. Dieser stelle besondere Anforderungen an Gründer:innen.
Andreas, du hast selbst ein Unternehmen in der Healthcare-Branche gegründet. Welche Schwerpunkte legst du heute bei deinen Startup-Investments?
Andreas Grund: Mein Lieblingsinvestment sind Startups mit einem Produkt oder einer Dienstleistung, das oder die neu ist und Wert schafft, aber noch nicht auf dem Markt ist. Wie zum Beispiel eines, das ich jetzt getätigt habe, Skinuvita. Als ich mit dem Gründer zusammengekommen bin, gab es die Idee, aber noch keine GmbH. Nach ein paar Treffen habe ich entschieden, dass ich mich finanziell daran beteiligen, aber gleichzeitig auch dazu beitragen will, die klinische Prüfung für das Gerät zu organisieren.
Warum fandest du die Idee von Skinuvita überzeugend?
Andreas Grund: Skinuvita bietet eine Fototherapie für chronische Hauterkrankungen wie Schuppenflechte. Die Therapie gibt es eigentlich schon. Aber die Patienten müssen jede Woche zum Dermatologen kommen und erhalten dort die Lichttherapie. Gerade für die ländliche Bevölkerung, ältere Menschen, Leute mit Kindern oder beruflich sehr eingespannte Personen ist das ein sehr großes Hindernis. Die Idee des Gründers Jan Elsner war, dass man das auch als Heimtherapie machen kann.
Entwickelt werden sollte eine App, über die der Dermatologe die Behandlung plant und überwacht. Die Lichtquelle sollten die Patienten mit nach Hause bekommen. So kann man die Therapie gut von dort aus steuern. Damit die Krankenkassen das für die Patienten übernehmen, muss das Produkt aber erstmal CE-gekennzeichnet werden.
Meine Idee ist, solche Produktentwicklungen in Bremen zu fördern.
Andreas Grund
Andreas Grund (51 Jahre) studierte in Kiel Ernährungswissenschaften und promovierte über Adipositas bei Kindern und Jugendlichen. Anschließend arbeitete er für internationale Konzerne in der medizinischen Auftragsforschung. Im Jahr 2004 gründete er in Bremen seine Firma GCP-Service International – zunächst als „One-Man-Show“. Das Auftragsforschungsunternehmen für Arzneimittel und Medizintechnik wuchs rasch an auf zuletzt 120 Mitarbeitende und mehrere Büros in Deutschland, den Niederlanden, Tschechien und Polen. Im Jahr 2022 übergab er seine Rolle als CEO an die nachfolgende Managementgeneration.
Sein Unternehmen hätte Andreas Grund auch in Kiel oder Hamburg gründen können. Bremen überzeugte ihn durch seine gute Infrastruktur mit Flughafen, ICE-Verbindung, Autobahnkreuz und vor allem der Nähe zur Universität. „Dadurch habe ich relativ einfach gut ausgebildete Leute einstellen können, insbesondere Naturwissenschaftler, Chemiker, viele Biologen“, sagt Andreas Grund.
Wie schätzt du das Potenzial der Gesundheitswirtschaft für Startups ein?
Andreas Grund: Ich halte den Healthcare-Bereich deshalb für so interessant, weil wir zum einen immer älter werden. Es wird immer mehr Patienten geben. Der Bereich ist chronisch unterfinanziert. Deshalb muss man auch über effizientere Möglichkeiten der Diagnostik und der Therapie nachdenken. Außerdem steigen unsere Ansprüche ständig. Die Produkte müssen immer bessere Wirkungen oder weniger Nebenwirkungen haben. Deshalb gibt es da noch viel zu tun.
Ich hoffe, dass Bremen in der Branche einen Fuß in die Tür bekommt, denn der Standort hat noch viel Potenzial. Dabei kann man in Bremen Gesundheitswissenschaften oder in Bremerhaven Medizintechnik studieren. Es gibt das Fraunhofer Institut und viele weitere kluge Köpfe.
Was macht den Medizintechnikbereich für Gründer:innen komplex?
Andreas Grund: Einmal der EU-Bürokratismus. Der wirkt manchmal, als ob man hier in Europa gar keine Produkte mehr auf den Markt bringen will. Dazu kommt der Lobbyismus der großen Firmen, die ihren Markt sichern wollen. Wenn man sich da nicht auskennt, kostet das viel Manpower. Wenn Startup-Unternehmen wissen, das dauert zwei Jahre und ist sehr kostspielig, dann machen sie es gar nicht erst.
Wie kannst du Startups konkret unter die Arme greifen?
Andreas Grund: Erstmal wünsche ich mir, dass die Leute Fragen stellen. Dieser Mehrnutzen muss in der Partnerschaft erkannt werden: Was kann jeder einbringen, abgesehen vom Geld. Woran ich interessiert bin, ist, dass ich mein Know-how weitergeben kann.
Seit 1997 arbeite ich in der klinischen Entwicklung. In Europa braucht man eine Genehmigung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur oder für Medizintechnik eine CE-Kennzeichnung. Dafür muss man vorher klinische Daten sammeln. Solche klinischen Prüfungen haben wir in meinem Unternehmen weltweit organisiert.
Ich weiß, wie man Produkte klinisch testet und auf den Markt bringt. Eine Studie zu planen, ist nicht so simpel. Außerdem spielen die Regularien eine wichtige Rolle, die ich mittlerweile in- und auswendig kenne. Das ist wie eine Sprache, die man spricht. Ich kenne mich damit aus, was Behörden und Ethikkommissionen hören wollen.
Ich weiß auch, wie man Dinge kostengünstig erledigt. Das ist für Startup-Unternehmen, die limitierte Mittel haben, ein richtiges Pfund, wenn sie diese Erfahrung mitnehmen können.
Würdest du auch in Produkte und Dienstleistungen investieren, die nicht im Healthcare-Bereich liegen?
Andreas Grund: Wenn ich eine tolle Idee außerhalb dieses Bereiches kennenlernen würde, dann würde ich nicht gleich Nein sagen. Aber ich glaube, den größten Nutzen bringe ich für Leute aus dem Healthcare-Bereich.
Vor ein paar Jahren habe ich eine Anfrage für ein Invest in die Entwicklung einer Partnerschafts-App bekommen. Da habe ich gesagt: Ich kann mir vorstellen, dass die etwas wird. Aber ich habe gar keinen Bezug dazu. Und das habe ich dann auch nicht gemacht.
Ich sehe das Investment als eine Partnerschaft und nicht nur als „Ich gebe das Geld“. Dann könnte ich auch einfach an die Börse gehen und in attraktive Aktien investieren.
Wenn du überlegst, mit einem Startup zusammenzuarbeiten, worauf achtest du besonders?
Andreas Grund: Ich glaube, es gibt zwei Arten von Investoren. Die einen sind sehr zahlenbezogen. Die sehen sich die Bilanzen an. Klar, gucke ich da auch drüber. Aber das ist für mich eher zweitrangig. Für mich persönlich sind es die Menschen dahinter.
Wenn ich in eine interessante Firma investieren möchte, muss ich ja auch den Typen, in den ich investiere, interessant finden. Ich muss dieses Brennen spüren. Das treibt alle an und auch voran. Dann ist auch bei mir der Enthusiasmus da, sie zu fördern und zu unterstützen.
Es gibt ein paar Eigenschaften, die sollte ein Startup-Unternehmer nicht signalisieren. Arroganz oder Überheblichkeit zum Beispiel. Viele Leute versuchen das zu sein, was sie in 20 Jahren erreicht haben wollen. Am liebsten schon als Startup einen Bentley fahren. Dann weiß ich ja, wenn ich denen Geld gebe, wofür es ausgegeben wird.
Abgesehen von der Persönlichkeit: Wovon lässt du dich noch überzeugen?
Andreas Grund: Es muss ein wirklicher Wert des Produktes oder der Dienstleistung sein. Es sollte irgendetwas für die Gesellschaft bringen. Im Healthcare-Bereich ist das immer sehr einfach: die Patienten müssen einen Vorteil davon haben oder die Anwender, wie die Ärzte und Krankenschwestern.
Wie kommen die interessierten Startups zu dir?
Andreas Grund: Bis jetzt durch die Vernetzung zum Starthaus.
Inwieweit arbeitest du mit Partnern oder Netzwerken zusammen?
Andreas Grund: Wir fahren zweigleisig. Meine Frau und ich investieren in kleinere Unternehmungen, wenn es um Beträge um die Hunderttausend geht. Größere Investitionen tätige ich zusammen mit den Geschäftspartnern meiner ehemaligen Firma, an der ich noch zu 33 Prozent beteiligt bin. Mit ihnen habe ich vor zwei Jahren die GCP Invest UG gegründet. Es ist also ein internes Netzwerk.
Wie lange dauert es vom ersten Kennenlernen bis zur Finanzierung?
Andreas Grund: Bei Skinuvita dauerte es vom Erstkontakt über die Beratung bis zur finanziellen Unterstützung ungefähr ein Jahr. Das lag aber auch daran, dass erstmal die Firma gegründet werden musste. Es wurden Co-Founder gesucht und Verträge erstellt. Dann gab es noch jede Menge Berichterstattungspflichten für die Bank.
Aber grundsätzlich hühnern wir nicht lange rum. Die Entscheidung, ob wir Teilhaber werden möchten, ist immer sehr schnell getroffen. Das ganze Anbahnen, das dauert länger!
Ein Investment in ein Startup ist risikoreich. Warum machst du es trotzdem?
Andreas Grund: Erstmal weil es Spaß macht, am Ball zu bleiben und involviert zu sein, ohne die tägliche Mitarbeiterführung zu haben. Man sieht etwas wachsen – oder hofft es jedenfalls. Skinuvita hat uns Recht gegeben. Das ist ein tolles Produkt. Jetzt sind wir schon in der klinischen Entwicklung und die ersten Patienten werden behandelt. Das ist schön zu sehen.
Auf der anderen Seite denke ich, dass man eine Verpflichtung hat, wenn man ein gewisses Vermögen besitzt. Auch wenn ich kein Lokalpatriot bin, der enge persönliche Kontakt, das sich Treffen: Das geht einfacher, wenn man jemanden aus der Region unterstützt. Letztendlich denke ich auch, man tut Gutes damit.
An einer Gründung interessiert? Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.
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