„Gemeinsam können wir unsere Gesellschaft enkeltauglich machen!“
Social EntrepreneurshipMarkus Sauerhammer zu Kooperationen zwischen klassischer Wirtschaft und Sozialunternehmen
Die meisten Sozialunternehmer:innen kennen ihn: Markus Sauerhammer. Als Mitgründer von SEND (Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V.) hat er aktiv mitgeholfen, Sozialunternehmen zusammenzubringen, zu fördern und in der Politik Gehör zu verschaffen. Seine zentrale Fragestellung: Wie können soziale und ökologische Probleme abgebaut werden? Darum geht es auch nach seiner Zeit als SEND-Vorstand in seinem neuen Projekt.
Landwirt, Student, Gründer
Aufgewachsen im beschaulichen Dorf Strüth in Franken, hat Markus Sauerhammer einen klassischen Berufsstart und -weg hingelegt. Nach einem Hauptschulabschluss hat er eine Musterausbildung zum Landwirt durchlaufen. Durch die Veränderungen des landwirtschaftlichen Strukturwandels und dem damit entstehenden Zukunftsszenario wollte er sich jedoch nicht anfreunden. Für ihn ging es raus aus der Landwirtschaft und rein ins Abitur und Studium. „Wenn man mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden ist, muss man etwas verändern,“ begründet der 43-Jährige heute viele seiner Entscheidungen.
Einfach „nur“ zu studieren, ist aber auch nicht ganz nach seinem Geschmack. So überlegte er sich eines Abends mit seinem Kommilitonen, dass es mehr Freizeitangebote in der Umgebung geben sollte. Die Idee eines Freizeitparks im Hanffeld als neues Ausflugsziel war geboren. Gesagt, gegründet. „Eigentlich war es erstmal nur eine Schnapsidee,“ so der Gründer. „Aber dann gewannen wir 2008 den Wettbewerb ‚enable2start‘, bekamen eine große mediale Aufmerksamkeit und konnten so das Unternehmen aufbauen.“ Das Ausflugsziel erfreute sich großer Beliebtheit und wurde jährlich von 20.000 Begeisterten besucht. Aufgrund unterschiedlicher Lebenspläne hat sich das später dreiköpfige Gründerteam nach dem Studium vom Unternehmen getrennt und es liquidiert.
Netzwerker, der Sinn stiftet
Studium und Berufserfahrung führten Markus Sauerhammer zu seiner neuen Passion als Gründungsberater bei der IHK München. Hier half er angehenden Gründer:innen, ihre Ideen erfolgreich in die Realität umzusetzen und baute Innovationsprogramme mit auf. Nebenberuflich absolvierte er ein MBA-Programm zu Innovation- und Unternehmensgründung. Im Anschluss wechselte er zur Crowdfunding-Plattform Startnext, bei der er für den Aufbau von Kooperationen zuständig war: „Gerade die Verzahnung der Stärken von Crowdfunding und etablierten Finanzierungsinstrumenten bietet viel Potenzial für eine Finanzierung von Gründungsvorhaben, die einen gesellschaftlichen Mehrwert voranstellen."
Parallel baute Sauerhammer beim Bundesverband Deutsche Startups die Fachgruppe „Social Entrepreneurship“ mit auf. „Wir haben hier den Bedarf eines Netzwerks gesehen und es ausgegründet“, erzählt der Sozialunternehmer. So wurde das Netzwerk SEND geboren. Auch in Bremen und Bremerhaven gibt es mittlerweile eine Regionalgruppe, die Sozialunternehmen und nachhaltiges Wirtschaften weiter stärken und gute Voraussetzungen für bestehende oder sich gründende Social Entrepreneurs schaffen will.
Definition von Social Entrepreneurship
Das primäre Ziel von Social Entrepreneurship ist die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Dies wird durch kontinuierliche Nutzung unternehmerischer Mittel erreicht und resultiert in neuen und innovativen Lösungen. Durch steuernde und kontrollierende Mechanismen wird sichergestellt, dass die gesellschaftlichen Ziele intern und extern gelebt werden. (SEND, 2019)
„Gemeinsam können wir Lösungen finden“
Nach vier Jahren als Vorstand von SEND, ist Sauerhammer vor gut einem Jahr von dieser Position zurückgetreten. „Es ist wichtig, der Dynamik des Sektors gerecht zu werden und Platz für neue Köpfe und Ideen zu machen“, begründet er seine Entscheidung. „Neue Leute bringen auch neue Perspektiven mit ein – und genau das braucht ein lebendiges Netzwerk.“ Und was macht Markus Sauerhammer jetzt? „Mir ist es wichtig, weiterhin an besseren Entwicklungsmöglichkeiten innovativer Problemlösungen zu arbeiten. Und bevor ich mir etwas alleine in meinem stillen Kämmerlein ausdenke, will ich mich gemeinsam mit anderen schlauen und kreativen Köpfen auf den Weg machen und Lösungen entwickeln.“ Deshalb plane er jetzt einen Podcast sowie virtuelle Events unter dem Namen „Zukunftsacker - Die Hör-Reise in eine enkelfähige Zukunft“. Bei dem Podcast will er mit anderen Menschen zusammen Lösungsansätze entwickeln, um die gesellschaftlichen und ökologischen Probleme anzugehen. „Mir ist es wichtig, Menschen zusammenzubringen, weil verschiedene Perspektiven gute Ideen und Möglichkeiten überhaupt erst ermöglichen. Wenn wir dabei an Grenzen stoßen, sollten wir diese hinterfragen und wo es Sinn macht diese auch verschieben.“ Für den Start von „Zukunftsacker“ hat er eine Crowdfunding-Kampagne auf Startnext gestartet.
Sozial, ökologisch und klassisch – gemeinsam stärker
Sozialunternehmen können sowohl allein als auch in Gemeinschaft viel erreichen, eine Kooperation mit klassischen Unternehmen bringt aber alle voran. Markus Sauerhammer beschreibt es so: „Die Social Entrepreneure lösen gesellschaftliche und ökologische Probleme, die letztendlich für die Zukunft aller von enormer Bedeutung sind. Kooperieren klassische Unternehmen mit diesen, können sie ihre eigenen Wertschöpfungsketten ein Stück weit enkelfähiger aufstellen.“ Dabei ginge es nicht um Greenwashing, sondern um „echte“ Kooperation, die für alle Sinn stiftend ist.
Wie so eine Kooperation aussehen kann, sieht man am Beispiel von Joblinge. Bei diesem gemeinnützigen Verein bekommen benachteiligte Jugendliche und junge Geflüchtete eine echte Chance auf einen Ausbildungsplatz. Während eines sechsmonatigen Intensivprogramms arbeiten die Teilnehmenden in einem gemeinnützigen Programm mit, finden mit Beratungsgesprächen, Mentoring und Reflexionen ihr passendes Berufsbild und können durch Praktika fachliche und soziale Kompetenzen erlangen. So soll der Chancenungleichheit für Menschen aus sozial benachteiligten Familien entgegengewirkt werden. Gleichzeitig erhalten Unternehmen mehr engagierte Auszubildende. Win-win für alle Beteiligten. Übrigens: Joblinge gibt es auch am Standort Bremen.
Erste Bremer Impact Messe
Um solche und ähnliche Kooperationen geht es auch bei der ersten „Let’s match! Impact Messe“ in Bremen am 13. April 2023. Unter dem Motto „Social meets business“ stellen sich Sozialunternehmen und Social Startups aus Bremen und Bremerhaven in der Bremischen Bürgerschaft an Messeständen vor. Eingeladen sind alle Interessierten, Gründer:innen und vor allem Unternehmer:innen, die sich über mögliche Kooperationen informieren wollen. Auch Markus Sauerhammer wird vor Ort sein und eine Keynote zum Thema „Social Entrepreneurship und klassische Wirtschaft: Gemeinsam für eine enkelfähige Wirtschaft“ halten. Im Laufe des Nachmittags gibt Philipp Burckhardt einen Einblick, wie ProjectTogether seit mehr als neun Jahren Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ins gemeinsame Handeln bringt. Abschließend geht es in der Panel-Diskussion um das Thema „Was wird benötigt, um gemeinsam die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit meistern?“ Parallel bietet das Starthaus gemeinsam mit RENN.nord ein SDG-Launch-Café an. Alle aktuellen Infos zur Messe findet ihr in unserem Eventkalender.
Gemeinsam in Bremen wirken
Die Messe ist Teil einer 2020 vom Bremer Senat beschlossenen Förderung von Solidarischer Wirtschaft, Genossenschaften und Social Entrepreneurship in Bremen und Bremerhaven. Ziel ist es, Sozialunternehmen in Bremen zu gründen, anzusiedeln oder weiterzuentwickeln. Die gesamten geplanten Maßnahmen werden in enger Zusammenarbeit von der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, der WFB Wirtschaftsförderung Bremen GmbH, der BIS Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH, der BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven und dem Starthaus Bremen und Bremerhaven umgesetzt.
An einer Gründung interessiert? Schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.
Erfolgsgeschichten
Nach der Auflösung ihres ersten Unternehmens PARU GmbH standen Erik Ruge und Paul Kukolka vor der Entscheidung: Aufgeben oder neu anfangen? Sie entschieden sich für den Neuanfang und gründeten Casca Minga, ein Unternehmen, das koffeinhaltige Erfrischungsgetränke aus der Schale der Kaffeekirsche herstellt. Sie erzählen im Interview, wie sie aus Fehlern gelernt und mit frischer Energie einen zweiten Anlauf gewagt haben.
zum ArtikelChristian Gutsche kämpft für eine Energie- und Wirtschaftswende – und setzt dabei auf Solaranlagen im Gemeinschaftsbau und ein solidarisches Preissystem. Dafür wurde der Sozialunternehmer nun mit dem Bremer Gründungspreis ausgezeichnet.
Zum ArtikelDie Arbeit in der ambulanten und stationären Kinder- und Jugendhilfe ist anstrengend – vor allem psychisch. Aber auch essentiell und sinnstiftend. Damit die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden besser werden, haben Jacob Menge und Katrin Nitsche ihren eigenen Träger für Familienhilfe gegründet. Der Name „IKOJENIA“ hat in vielerlei Hinsicht mit Familie und Wurzeln zu tun. Womit genau, hat uns das Gründungsduo im Interview erzählt.
Zum Artikel