„Das war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe.“
ErfolgsgeschichtenSelbständiger mit Traumberuf: Physiotherapeut Ulrich Rademann
Der Bedarf an medizinischen Massagen und krankengymnastischen Behandlungen wächst stetig. Doch in der wohnortnahen Versorgung klaffen Lücken. Ulrich Rademann hat daraus eine berufliche Chance entwickelt und mit dem „Gesundheitswerk“ in Bremerhaven-Lehe seine eigene Praxis für Physiotherapie eröffnet.
Den Schritt in die Selbstständigkeit hat er nicht zuletzt dank der Unterstützung durch das Starthaus Bremen & Bremerhaven und die BAB – Die Förderbank hervorragend gemeistert. Auch deshalb ist der 58-Jährige überzeugt: „Das war die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe.“
Spätzünder – und Durchstarter
„Ich gehöre gewissermaßen zu den Spätberufenen“, sagt Ulrich Rademann und lacht. Denn für die Ausbildung zum Physiotherapeuten entschloss er sich nach einigen beruflichen Schlangenlinien erst im Alter von 35 Jahren. Seine Freundin - sie ist Krankenschwester - hatte ihm diese Berufswahl nahegelegt. Und damit ins Schwarze getroffen: „Die Arbeit mit Menschen lässt mich seitdem nicht mehr los“, sagt Ulrich Rademann mit spürbarer Begeisterung. „Es geht einfach nichts darüber.“
Angehende Physiotherapeutinnen und -therapeuten mussten seinerzeit ihre Ausbildung selbst bezahlen. Ulrich Rademann war es das Geld wert. 17 Jahre lang arbeitete er nach der Ausbildung als angestellter Physiotherapeut in einer Praxis in Bremerhaven, die Hälfte seiner Arbeitszeit kümmerte er sich um Schwer- und Schwerstbehinderte. Dann kam Corona - und für ihn die Kündigung. „Das möchte ich nicht noch mal erleben“, erinnert sich Ulrich Rademann an diesen Schock.
Die Richtung zur eigenen Praxis war damit vorgegeben. Doch den richtigen Weg zu finden, ist nicht immer so einfach. Seine bisherige Hausbank mochte den Schritt zur Selbstständigkeit nicht begleiten. Rademann wandte sich an das Starthaus in Bremerhaven, einem Segment der BAB. Die Fachleute dort berieten den Existenzgründer nicht nur, sondern vermittelten ihm auch die praktische Hilfe durch die BIS Bremerhaver Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH: „Ohne diese Unterstützung hätte die Gründung nicht geklappt“, zollt er den Beratungsinstitutionen Respekt.
Neuen Herausforderungen gestellt
Für seine Arbeit als Physiotherapeut benötigt Rademann umfassendes Wissen sowie besondere Fähigkeiten wie beispielsweise das richtige Gespür für andere Menschen und deren körperlichen Probleme. Wie ein Businessplan aufgestellt wird, gehört jedoch nicht zu diesen Kenntnissen. Ohne einen solchen Plan führt aber kein Weg in die Selbstständigkeit. „Insbesondere an dieser Stelle hat mir die kritische Unterstützung der BIS-Berater sehr geholfen“, erinnert sich Ulrich Rademann. Dass es einen großen und noch wachsenden Bedarf für seine Arbeit gibt, war ihm schon im Vorfeld der Gründung klar: „Aber dieses Wissen in einen verlässlichen Wirtschaftsplan umzusetzen, die Geschäftsentwicklung und die Kosten sicher abzuschätzen - das ist dann doch ein ganz anderes Thema.“
Kurz und gut - dank Starthaus und BIS meisterte Rademann diese Hürde und bekam über die BAB, was er benötigte: den Starthaus Mikrokredit für die Einrichtung seiner Praxis. Das leerstehende Ladenlokal an der Dorotheastraße im Bremerhavener Stadtteil Lehe zu mieten, war dann nur noch Formsache. Der Ort hat für Rademann eine besondere Bedeutung: „Ich bin in der Nachbarschaft groß geworden und so quasi zu meinen Wurzeln zurückgekehrt.“
Das Gründerzeitquartier im Herzen der Seestadt zeigt für den selbständigen Physiotherapeuten beispielhaft, wie wichtig eine wohnortnahe Gesundheitsvorsorge ist. Dort wohnen viele ältere Menschen. Etliche von ihnen benötigen die Unterstützung eines Physiotherapeuten, um mit den Folgen von Erkrankungen umzugehen und sich die körperliche Beweglichkeit zu bewahren. „Das ist ja nicht nur ein Thema in Lehe, sondern grundsätzlich eine Folge der veränderten Alterspyramide in unserem Land“, betont Ulrich Rademann.
Wohnortnahe Versorgung nicht vernachlässigen
Das manche „Expert:innen“ zur Einrichtung von Großpraxen raten, kann Rademann nicht nachvollziehen. Nicht nur die Älteren, sondern auch andere Menschen sind auf seine Unterstützung angewiesen - zum Beispiel nach Unfällen oder aufgrund gesundheitlicher Probleme. Wer dann in seiner Mobilität eingeschränkt ist, käme ohne das „Gesundheitswerk“ nicht zu der notwendigen Versorgung. „Nicht jeder kann sich schnell ins Autos setzen und zur Therapie ans andere Ende der Stadt fahren“, bringt Rademann es auf den Punkt.
Trotz des erkennbaren Bedarfes für seine Dienstleistung ist Ulrich Rademann bei Expansionsplänen zurückhaltend. Sein „Gesundheitswerk“ verfügt zwar über zwei komplett ausgestattete Behandlungsplätze. Doch eine zusätzliche Fachkraft einzustellen ist für den 58-Jährigen zunächst nicht vorstellbar: „Das Gesundheitswerk ist gut angelaufen; aber ich möchte erst einmal auf Nummer sicher gehen.“ Angesichts des wachsenden Bedarfes sieht Rademann auf Dauer jedoch Expansionsmöglichkeiten: „Grundsätzlich finde es schon interessant, den zweiten Behandlungsplatz einem ebenfalls selbstständigen Kollegen oder einer Kollegin zur Verfügung zu stellen“.
Doch das sind Zukunftsgedanken, Rademann wird sie dann umsetzen, wenn die Zeit dafür reif ist. Derzeit genießt er die Selbstständigkeit: „Es ist einfach ein gutes Gefühl, für sich selbst verantwortlich zu sein.“ Und es ist offenbar ein genauso gutes Gefühl, anderen Menschen helfen zu können. Seit kurzem arbeitet Ulrich Rademann wieder mit der gemeinnützigen Behinderteneinrichtung Elbe Weser Welten zusammen, dieses Mal aber als sein eigener Chef und nicht als Angestellter einer Physiotherapie-Praxis. Immer wieder trifft er dabei auf Patient:innen, die er vorher schon jahrelang betreut hat: „Es ist einfach großartig zu spüren, wie sie sich über das Wiedersehen freuen.“
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