Wie Startups sich finanziell sicher aufstellen
StartupsTipps aus dem Starthaus Bremen & Bremerhaven
Produktentwicklung, Vertrieb, Wettbewerb, Personal – Gründer:innen eines Startups haben vielfältige Aufgaben, die Zeit kosten. Zudem sind die wenigsten Menschen in all diesen Bereichen Profis. Sie müssen sich lange in Themen einlesen, mit Expert:innen sprechen oder schlicht und einfach ihre eigenen Erfahrungen sammeln. Und dann wäre da noch das große Thema Finanzen. Wie ihr diesen Bereich angehen könnt und worauf ihr achten solltet.
In der CB Insights Studie zu den „20 Gründen, woran Startups scheitern“ gab es mehrere Punkte, die auf finanzielle Herausforderungen hinweisen. Ganz weit vorn lag der Grund: Es ist kein Cash mehr vorhanden. Dies ist tatsächlich ein Totschlagargument für jedes Business. Schon im „BWL 1x1“-Kurs wird der Satz „Cash is king“ gelehrt, denn ohne Liquidität kann kein:e Unternehmer:in die Rechnungen begleichen und landet über kurz oder lang in der Insolvenz. Was könnt ihr dagegen unternehmen?
„Cash is king“
Bereits vor der Gründung, sollten Startups eine fundierte Finanzplanung aufstellen. Empfohlen wird hierfür ein Zeitraum von 24 bis 36 Monaten. Dieser Plan darf nach der Gründung aber nicht wieder in der Schublade verschwinden, nur weil das Startkapital glücklicherweise steht.
Zum einen empfehlen wir eine rollierende Finanzplanung. Das bedeutet, dass sobald ein Monat beendet ist, dieser hinten in eurer Liquiditätstabelle neu eingefügt wird. Ein Beispiel: Es ist Ende Mai 2024 und ihr habt eine Finanzplanung über 24 Monate. Diese endet also mit dem April 2026. Sobald der Juni 2024 startet, fliegt der Mai 2024 aus der Tabelle raus und ein neuer Planmonat Mai 2026 wird hinten angefügt und ausgefüllt. Zeitgleich überprüft ihr eure erwarteten Einnahmen sowie einmaligen und wiederkehrenden Ausgaben für die nächsten ein bis drei Monate. So wird eure Liquiditätstabelle zu einer rollierenden Finanzplanung. Damit entwickelt ihr automatisch ein aktives Finanzmanagement, das euch vor bösen Überraschungen bezüglich der Liquiditätsreichweite eures Startups bewahren sollte. Wenn ihr dies als regelmäßige Aufgabe etabliert, könnt ihr im Nachhinein wertvolle Schlüsse aus eurem unternehmerischen Handeln ziehen, wie zum Beispiel „Hat die Personaleinstellung (mit Zeitverzug) zu höheren Einnahmen geführt?“ oder „Wirken sich höhere Marketingausgaben direkt auf die Umsatzentwicklung aus?“.
Mit der rollierenden Finanzplanung stellt ihr sicher, dass ihr langfristig eure Finanzierung und damit eure Liquidität im Blick behaltet und nachvollziehbare finanzielle Schlüsse aus euren Aktivitäten ziehen könnt. Dies ist nicht nur für euch und euer Business wichtig, sondern auch für eure aktuellen und eventuell zukünftigen Investor:innen.
Nach der Finanzierungsrunde ist vor der Finanzierungsrunde
Ihr habt die erste Finanzierung gesichert und könnt euer Produkt oder eure Dienstleistung launchen? Herzlichen Glückwunsch! Das heißt nur leider meist auch, dass ihr euch in Kürze, wenn nicht sofort, wieder auf die Suche nach weiteren Investor:innen begeben solltet. Gerade als frisch gebackene Gründer:innen ist es wichtig, gesehen zu werden. Deshalb sucht nach Möglichkeiten, um zu Netzwerken! Es gibt in den meisten Regionen Anlaufstellen für Startups, die Workshops oder auch Communityabende anbieten, wie das Starthaus in Bremen und Bremerhaven. Hier könnt ihr leicht in den Austausch zum einen mit Berater:innen und Startups treten und euch Tipps und Infos über das Ökosystem holen. Zum anderen trefft ihr eventuell auf Leute, die bereit sind, in vielversprechende Ideen zu investieren. Hier ist besonders wichtig, dass ihr für euer Konzept brennt und der Begeisterungsfunke auf eure Gesprächspartner:innen überspringt. Genauso solltet ihr aber auch vorweisen können, dass ihr eure Finanzen langfristig plant und einen guten Überblick über die wichtigsten Kennzahlen habt.
Oftmals reichen die Mittel aus den Finanzierungsrunden nur circa sechs Monate, eine neue Investment-Akquise kann sich allerdings ebenfalls über mehrere Monate hinziehen. Deshalb ist NACH der Finanzierungsrunde auch VOR der nächsten Finanzierungsrunde.
Natürlich ist auch die Pflege der Beziehungen zu euren bestehenden Finanzierer:innen wichtig. Informiert eure Stakeholder über Neuerungen, Pläne und eure gewonnenen Schlüsse und der finanziellen Situation. Dieses kann zum Beispiel über ein monatliches digitales Jour Fixe erfolgen. Das verursacht keine zusätzlichen Reisezeiten und ihr könnt direkt in eure Themen einsteigen. Wenn ihr eine vertrauensvolle Basis mit ihnen aufbaut, könnten sie gewillt sein, weiterhin an euch zu glauben und in euer Business zu investieren.
Gutes Netzwerken – mehr Chancen auf neue Investor:innen
Der Aufbau und die Pflege des Netzwerks sind für viele Startups mit anfangs wenig Personal zeitintensiv. Neben den vielen anderen Aufgaben einer Geschäftsleitung und insbesondere der Weiterentwicklung des Produkts oder der Dienstleistung bleibt oft wenig Zeit fürs Netzwerken. Deshalb ist es sinnvoll, sich die Aufgaben möglichst gut aufzuteilen, wenn man mit anderen Menschen im Team zusammen das Startup aufbaut. Alle in eurem Team sollten dann beim Netzwerken nicht nur die Augen und die Ohren offen für eurer Produkt haben, sondern auch für das Finden potenzieller Geldgeber:innen. Die Gespräche hierzu sollte jede:r zunächst anteasern können und dann auf die Geschäftsleitung übertragen.
Der Preis muss stimmen
Die CB Insights Studie zeigt auch, dass einige Startups sich mit der Preiskalkulation vertan haben und dies letztendlich zum Aus führte. Das geht in beide Richtungen: Ein zu hoher Preis kann zu einer geringeren Nachfrage und damit zu einem geringeren Umsatz als geplant führen. Wird der Preis reduziert und die Nachfrage steigt, dann war der Preis zu hoch kalkuliert. Gerade in der ersten Phase produzieren Startups nur geringe Mengen, was oftmals einen erhöhten Stückpreis auslöst. Deshalb ist es gerade hier wichtig, Möglichkeiten auszuloten, um relativ schnell zu skalieren und damit die Kosten und so wiederum den Preis senken zu können. Aber Vorsicht: Auch ein ständig sinkender Preis wirkt nicht attraktiv, sondern macht den Eindruck eines schlechten Managements. Ändert ein reduzierter Preis nichts oder nur geringfügig etwas an der Nachfrage, sollten andere Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine stärkere Vermarktung oder eine klarere Abgrenzung zu Mitbewerber:innen, geprüft werden.
Auch ein zu geringer Preis kann zum Problem werden. So könnten die Kosten nicht gedeckt sein und die Liquidität sinken beziehungsweise die Finanzmittel schneller auslaufen als geplant. Ein niedriger Preis bedeutet zudem nicht unbedingt eine hohe Nachfrage. Eventuell ist der Markt gesättigt, der USP (Alleinstellungsmerkmal) ist nicht deutlich genug hervorgehoben oder das Produkt wird von der Zielgruppe einfach nicht angenommen. So wäre auch hier die Folge ein geringerer Umsatz als in der rollierenden Finanzplanung kalkuliert, unzufriedene Investor:innen und der Zwang, schnell handeln zu müssen.
Grundsätzlich gibt es zwei Varianten, nach denen ihr den Preis kalkulieren könnt: wert- und preisbasiert. Beim Value Based Pricing bestimmt der Mehrwert den Preis. Dadurch kann schneller ein höherer Umsatz ohne Steigerung der Absatzmenge erzielt werden. Allerdings haben Kostenreduzierungen keinen direkten Einfluss auf den Preis und bei direkten Preiskämpfen müssen der Zielgruppe die Argumente zum Kauf deutlich sein. Das Cost Based Pricing ist die klassische Preiskalkulation. Es werden also alle anfallenden Kosten plus eine Gewinnmarge zu einem Preis zusammengerechnet. Wer hierbei Hilfe benötigt, kann sich gern an Anlaufstellen wie dem Starthaus Bremen & Bremerhaven wenden.
Im Zentrum steht die Zielgruppe
Manche Startups aus der Studie gaben an, sie hätten kein oder ein falsches Geschäftsmodell. Eine gute Idee reicht leider nicht aus, um erfolgreich zu sein. Es sollten viele Faktoren bedacht werden, um auch langfristig zu planen. In unserem Artikel zum Product Market Fit haben wir euch Tools wie das Product Market Fit Canvas, das Value Proposition Canvas und das Business Model Canvas vorgestellt. Denn letztendlich ist nicht nur wichtig, dass ihr für euer Produkt brennt, sondern dass es auf die Bedürfnisse eurer Kundinnen und Kunden abzielt.
Im Zweifelsfall kann es auch notwendig sein, die (Produkt-)Strategie neu auszurichten. Im Startup-Zusammenhang bezeichnet man dies als „pivotieren“. Auch hier heißt es dann zum einen, die bestehenden Investor:innen und weitere Stakeholder darüber zu informieren und sie abzuholen. Zum anderen könnten so neue Investor:innen gefunden werden, da sich eure Dienstleistung oder euer Produkt noch einmal geändert haben.
Unterstützung durch das Starthaus
Das Starthaus Bremen & Bremerhaven ist mit einem Team für die Startup-Beratung bestens aufgestellt. Startup-Gründer:innen oder auch Gründerteams können vor, während oder auch nach ihrer Gründung kostenfrei zur Beratung einen Termin im Starthaus machen. So können ganz individuell die Bedarfe erkannt und Fragen beantwortet werden.
Neben der Beratung gibt es Programme und Veranstaltungen für Startups: Im Investor Readiness Programm lernt ihr, was ihr auf der Suche nach Investor:innen beachten solltet und wie ihr euer Startup vorbereiten könnt. Bei den regelmäßig stattfindenden Fireside Chats erzählen einerseits Investor:innen, warum und in welche Ideen sie investieren, und andererseits Startups, die erfolgreich auf der Investment-Suche waren. Im Workshop Product Strategy begleiten euch Produktexpertinnen und -experten in einem Ganztagsworkshop zu eurer Produktstrategie und zeigen, wie ihr sie sinnvoll im Business verankern könnt.
Als Segment der BAB – Die Förderbank gibt es im Starthaus zudem selbst Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Startup Förderung „BRE-Up“, den EFRE-Mikrokredit, die Beratungsförderung oder das Beteiligungskapital. Kontaktiert uns gern, dann schauen wir gemeinsam, was euch weiterhelfen könnte.
Wollt ihr euer Startup sicher aufstellen? Oder habt ihr Baustellen, bei denen wir euch unterstützen dürfen? Dann schreibt uns gern eine Mail an info@starthaus-bremen.de oder ruft uns unter +49 (0)421 9600 372 an, wenn ihr Fragen zu eurer Gründung(sidee) habt. Wir haben die Antworten.
Erfolgsgeschichten
„Wenn ich Raketentreibstoff in einen VW-Käfer gieße, geht er kaputt“, sagt Professor Dr. Christian Horneber. Damit meint der Investment-Experte, dass Venture Capital im Vergleich der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten wohl der stärkste Booster ist. Doch nicht für jedes Startup ist es geeignet.
Zum ArtikelDas Bremer Startup Valispace, gegründet von Marco Witzmann, Louise Lindblad und Simon Vanden Bussche, wurde vom amerikanisch-australischen Softwareunternehmen Altium übernommen. Die Kollaborationsplattform für Ingenieur:innen hat durch den erfolgreichen Exit das Potenzial, weltweit zu wachsen.
Zum ArtikelJulija Storz hat mit EINA Circle eine Plattform geschaffen, die Frauen untereinander vernetzt und Wissen zu weiblicher Gesundheit und Selbstfürsorge vermittelt. In Bremen fand sie mit dem Starthaus Bremen und Bremerhaven die nötige Unterstützung und ein lebendiges Netzwerk.
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