17.6.2024 - Insa Lohmann

Alter Charme, neue Ideen

Erfolgsgeschichten

Übernahme vom Teestübchen führt zum Gründungspreis

Tanja Nadolny in ihrem Café
Tanja Nadolny hat den großen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt - und wurde dafür 2024 mit dem Bremer Gründungspreis ausgezeichnet. © Teestübchen

Es ist kurz nach neun, Tanja Nadolny sitzt mit einer Tasse Kaffee im Teestübchen, ein 1630 erbautes Fachwerkhäuschen im Schnoor. „Morgens brauche ich unbedingt meinen Kaffee“, sagt sie lächelnd, fast ein bisschen entschuldigend. Denn die meisten ihrer Gäste kommen hierher, um bei Frühstück oder Scones eine heiße Tasse Tee zu trinken – so verspricht es auch der Name ihres Cafés. „Tee ist für mich ein Getränk mit Zeit“, sagt sie. Wer in ihr Café komme, nehme sich diese gerne. Tanja Nadolny kommt nur selten dazu, sich Zeit für eine entspannte Tasse Tee zu nehmen. Die letzten drei Jahre hatten es in sich, nur einmal hat sich die junge Gastronomin einen kurzen Urlaub gegönnt.

„Langsam komme ich in dieses Unternehmertum“

Tanja Nadolny ist Gastronomin durch und durch: Arbeiten, wenn andere Feierabend haben – und stets um das Wohl der Gäste bemüht. 2021 übernahm sie als Nachfolgerin von Jutta Gaeth das Teestübchen im Schnoor. Seitdem ist die 38-Jährige morgens meist die erste im Geschäft und abends die letzte, die das Licht ausmacht. „Die letzten drei Jahre habe ich eigentlich nur gearbeitet“, sagt sie. Aber sie lernt zunehmend Verantwortlichkeiten auch abzugeben: „Langsam komme ich in dieses Unternehmertum.“ Für die junge Bremerin ein wichtiger Prozess, denn sie ist eben nicht nur leidenschaftliche Gastronomin, sondern auch Unternehmerin. „Am Anfang ist man nur am machen, machen, machen“, gibt sie zu. „Aber irgendwann muss man in eine Art Dirigenten-Position kommen.“ Damit meint sie: Nicht alles selbst machen. Für Tanja nicht immer einfach, denn das Mitarbeiten an der Basis liegt ihr im Blut. „Es ist eben ein Prozess.“

Wenn die Bremerin heute auf ihre Gründung schaut, ist sie stolz: Mit ihrer Übernahme hat Tanja Nadolny das Teestübchen im Schnoor erfolgreich in die nächste Generation geführt. Am 13. Juni 2024 wurde die Jungunternehmerin nun dafür mit dem renommierten Bremer Gründungspreis des Starthaus Bremen & Bremerhaven und der Sparkasse Bremen belohnt. Jährlich wird dieser Preis an Gründende vergeben, die es geschafft haben, ein Unternehmen besonders erfolgreich aufzubauen, mit ihrem überdurchschnittlichen Einsatz das Gründungsumfeld in Bremen positiv zu beeinflussen und wie in Tanjas Fall eine besonders erfolgreiche Unternehmensnachfolge auf die Beine gestellt haben. Zusätzlich gewann sie noch die Herzen des Besucher:innen beim Startup Summit und gewann auch den Publikumspreis des Gründungspreises.

Dabei ist es eher dem Zufall zu verdanken, dass es überhaupt dazu kam. Nach ihrer Ausbildung zur Hotelfachfrau wollte die junge Bremerin zunächst einmal die Welt entdecken und tingelte durch Europa: Stationen im Münchener Vierjahreszeiten, in der angesagten Sansibar auf Sylt, auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa und im Traditionslokal Grashoff bescherten ihr vielfältige Einblicke in die Gastronomie. Nach einer längeren Reise durch Afrika stand schließlich fest: „Mein Traum war ein eigenes Café“, erzählt Tanja Nadolny. „Ich habe Ideen gesammelt, gespart und mich sehr intensiv darauf vorbereitet.“ 2020 tat sich die erste Chance für die 38-Jährige auf: ein Café im angrenzenden Weyhe suchte eine Nachfolgerin. Doch Corona kam dazwischen und die Übernahme-Träume platzten.

„Genau das, was ich gesucht habe“

Tanja heuerte als Erntehelferin an, ein Job in der Gastronomie war wegen des Lockdowns aussichtslos. Doch der Alltag im Gaststättengewerbe fehlte ihr. Als Cafés, Bars und Restaurants schließlich wieder öffnen durften, bewarb sich die Bremerin als Aushilfe im Teestübchen – und saß Jutta Gaeth gegenüber. Die Chemie zwischen den beiden Frauen stimmte auf Anhieb und Tanja Nadolny berichtete von ihrem Traum eines eigenen Cafés. Gaeth, die 20 Jahre lang das Teestübchen geführt hatte, suchte bereits seit zwei Jahren eine Nachfolge für ihr Traditionscafé in Bremens ältestem Stadtteil, vergeblich. Mit Tanja Nadolny hatte sie schließlich die ideale Nachfolgerin vor sich sitzen: eine Herzblut-Gastronomin, die von der Selbstständigkeit träumte. Die beiden machten Nägel mit Köpfen. Als Angestellte lernte Tanja nach und nach zunächst den Laden besser kennen – und war sofort Feuer und Flamme. „Das Café war genau das, was ich gesucht habe“, erinnert sich die Bremerin. Gemeinsam mit Jutta Gaeth bereitete sie alles für eine Übergabe vor, doch Corona machte die für Ende 2020 geplante Eröffnung erneut zunichte.

Das Teestübchen von außen
Ein gemütliches Café im Bremer Schnoor, das zum verweilen einlädt: das Teestübchen. © Teestübchen

Die Corona-Krise, allen voran die langen Lockdowns in der Gastronomie, machten auch der Jungunternehmerin zu schaffen. Die Banken stellten sich gegen eine Finanzierung, solange unklar war, ob und wann die Branche wieder öffnen konnte. Wichtige Unterstützung bekam sie in dieser Zeit vom Starthaus. Ihre persönliche Starthelferin gab ihr nicht nur entscheidende Tipps, sondern sprach ihr auch Mut zu – etwas, das Tanja dringend brauchte. „Die Beratung durch das Starthaus tat sehr gut“, sagt die Unternehmerin. „Denn mir fehlte manchmal der realistische Kopf.“ Neben dem Support bei Business- und Finanzplänen ließ sie sich auch von der Beratungsförderung der BAB – die Förderbank für Bremen & Bremerhaven unterstützen. Gerade wenn es um Verträge und Finanzen geht, ist Tanja Nadolny der Rat von Expert:innen wichtig, das ist auch nach drei Jahren noch so: Auf die Zahlen ihres Betriebs lässt die 38-Jährige regelmäßig einen Unternehmensberater schauen.

Mit neuem Mut in die Gründung

Die Hilfe vom Starthaus sorgte bei der Unternehmerin für neuen Mut. Auch Jutta Gaeth unterstützte Tanja und gab ihr Unternehmerinnenwissen weiter. Und der lange Lockdown hatte für die neue Betreiberin des Teestübchens schließlich auch etwas Gutes: Tanja Nadolny nutzte das halbe Jahr, um dem historischen Fachwerkhäuschen neues Leben einzuhauchen. Gemeinsam mit Freuden und Familie renovierte sie mit viel Liebe zum Detail das Haus grundlegend und verlieh dem Teestübchen eine eigene, persönliche Note. „Alles ohne Handwerker“, sagt Tanja stolz. Auch das Konzept des Cafés nahm sie sich vor. Alter Charme mit neuen Ideen – das war Tanjas Ansatz. Am Nachmittag lädt sie zur englischen „Tea Time“ mit selbstgemachten Scones und anderen Leckereien ein. Das Klientel ist bunt gemischt, Buten- und Binnenbremer:innen treffen hier auf Tourist:innen aus aller Welt.

Seit inzwischen drei Jahren ist Tanja Nadolny nun alleinige Betreiberin des Cafés im Schnoor. „Ich bin immer noch jeden Tag glücklich, wenn ich hier in diesem schönen Haus stehe“, sagt sie. Auch wenn die letzten drei Jahre vor allem aus Arbeit bestanden, ist es für die Jungunternehmerin genau das, wovon sie geträumt hat. „Ich wollte ein offenes Haus haben, in dem sich alle wohlfühlen – das ist mir gelungen“, sagt sie überzeugt. Das gute Geschäft und das positive Feedback der Gäste sprechen für sich und bestärken Tanja in ihrem Unternehmertun. Und auch Jutta Gaeth ist ab und zu im Teestübchen zu finden und stolz auf ihre Nachfolgerin.

Tanja Nadolny hat ihren Weg gefunden, auch wenn der Alltag als Unternehmerin jeden Tag Herausforderungen birgt. „Die Mitarbeiterführung ist ein großes Thema, wo man sich immer wieder ein Stück selbst kennenlernt und persönlich wächst“, sagt sie. „Durch verschiedene Netzwerke und den Austausch zu anderen Unternehmern habe ich viele tolle Menschen kennen gelernt, die mir immer wieder den Spirit weitergegeben und viele Tricks zum Unternehmertum verraten haben.“ Die letzten drei Jahre waren sehr arbeitsintensiv für die junge Bremerin, auch weil sie sich nie zu schade ist, selbst mitanzupacken im Geschäft. Das heißt oft auch, dass sie selbst an Wochenende nie frei hat, fast nie Urlaub macht. Doch die 38-Jährige hat sich fest vorgenommen, das zu ändern. Künftig möchte sie im Betrieb mehr Verantwortlichkeiten abgeben und langfristig jemanden finden, der sie während ihrer Abwesenheit bei ihren Geschäftsführertätigkeiten vertritt – auch das ist ein Fazit aus den vergangenen drei Jahren. „Ich lerne jeden Tag“, sagt Tanja.

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