Schmökern im Buntentor – wie ein Buchhändler die Coronazeit erlebt
Starthaus BeratungVor zwei Jahren besuchten wir erstmals Sven Odens in seiner „Buchhandlung Buntentor”. Jetzt schauen wir wieder vorbei. Mit der Coronakrise hat der sich der Gründer arrangiert und neue Vertriebswege entdeckt.
Als Sven Odens 2016 die Idee eines neuen Buchladens seinem Bankberater vorstellt, hat der nur ein müdes Lächeln für ihn übrig. Eine Buchhandlung aufmachen in einer Zeit, in der Amazon floriert und die Umsätze und Käuferzahlen im stationären Buchmarkt seit Jahren sinken? Wie soll das funktionieren? Nicht mit ihm – der Bankkaufmann lehnt ab. Wenn Odens diese Geschichte heute in seinem kleinen Laden erzählt, muss er lachen. Denn in den vergangenen vier Jahren hat sich seine „Buchhandlung Buntentor“ hervorragend entwickelt, allen Widerständen und der Coronakrise zum Trotz.
Gut geplant ist halb gewonnen
Odens weiß, was er tut. Der 42-Jährige hat lange Jahre im Buchhandel gearbeitet und kennt die Branche. Und er kennt seine „Hood“. Der gebürtige Ostfriese lebt im Stadtteil Neustadt – und hier hater auch seine Buchhandlung eröffnet. „Hier im Ortsteil Buntentor gab es noch kein Buchgeschäft. Als ich 2016 das leerstehende Lokal gesehen habe, wusste ich, das ist das richtige“, erklärt der gelernte Buchhändler und Volkswirt.Sein wirtschaftlicher Hintergrund dringt immer wieder durch – Odens plant seine Idee von Anfang an gut durch. „Die Buchhandlung liegt optimal an einer Straßenbahnhaltestellte, ist gut zu erreichen. In der Nähe gibt es Schulen, Kindergärten, mit der Schwankhalle und dem Schnürschuh-Theater Kultur und Laufkundschaft“, zählt er die Vorteile auf.
Bücher auf Rezept
Von einem unabhängigen Experten lässt er seine Idee und seinen Businessplan gegenchecken, eine zweite Meinung ist ihm wichtig. Und nach der Absage seiner Hausbank führt ihn sein Weg zur BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven, die ihm einen Mikrokredit zusagt. „Der intensive Austausch mit der BAB hat mich weitergebracht, ich konnte mein Pläne schärfen und so ein stimmiges Gesamtkonzept entwerfen.“
Ende 2016 ist es dann soweit und die Buchhandlung öffnet. Obwohl der Verkaufsraum relativ klein ist, wirkt er hell und einladend und führt Besucherinnen und Besucher durch ein komplettes Sortiment, ob Kinderbuch, Roman, Krimi oder Sachliteratur. Ganz besonderer Hingucker ist der riesige Apothekerschrank, der noch aus der Zeit stammt, im dem hier ein Drogerieladen geführt wurde. Selbst die Originalbeschriftung prangt noch auf den Schubläden.
„Ich wollte eine Buchhandlung, in der es für jeden etwas gibt“, erklärt Odens sein Konzept, „derzeit läuft vor allem die Belletristik gut, aber auch das Kinderbuchsegment habe ich in den vergangenen Jahren ausgebaut.“
Die Lust am Lesen
Schafft es ein selbstständiger Buchhändler eigentlich, alles zu lesen, was er in die Regale stellt? Odens schmunzelt. „Nein, das ist völlig unmöglich, ich muss ja auch noch Verwaltung, Buchhaltung und Bestellungen organisieren“, führt er aus. Gut belesen ist er aber dennoch – wenn eine neue Lieferung ankommt, liebt er es, zumindest ein paar Seiten des neusten Beststellers anzuschmökern. „Dank meiner Erfahrung kann ich meinen Kundinnen und Kunden immer etwas Passendes empfehlen, das macht mir viel Spaß!“
Für einen nimmt sich Odens aber gerne noch etwas Extrazeit heraus: Juan Gabriel Vásquez. Der Kolumbianer gehört zu den Lieblingsschriftstellern des Bremer Buchhändlers und Werke wie „Die Gestalt der Ruinen“ begeistern Odens immer wieder auf ein Neues.
Corona: Laden geschlossen, Rad gesattelt
Für 2020 hatte sich der Buchhändler vorgenommen, Veranstaltungen zu organisieren und an Events mit Büchertischen teilzunehmen, eine Idee, die er bereits im Vorjahr avisiert hatte. Dann kam aber die Coronakrise und er musste seinen Buchladen temporär schließen.
„Da stand natürlich sofort die Frage im Raum: Was nun?“, berichtet der Gründer, „Wir haben nicht lange gefackelt und noch am selben Abend vor Ladenschluss unseren Lieferservice auf der Homepage eingerichtet.“ Statt auf die Post zu setzen, plante Odens mit seinen Mitarbeiterinnen – von denen er mittlerweile zwei beschäftigt – die Routen kurzerhand selbst und fuhr Bücher mit dem Fahrrad aus. „Die meisten Belieferungen fanden in der näheren Umgebung statt und bei dem zumeist schönen Wetter war eine Tour in die angrenzenden Stadtteile Arsten oder Kattenturm eine willkommene Abwechslung.“
Der Buchhändler ist so bisher vergleichsweise gut durch die Krise gekommen. „Die Kundinnen und Kunden habe uns einfach super unterstützt, hier noch einmal ein Buch extra bestellt und bei der einen oder anderen Fehllieferung verständnisvoll reagiert“, führt er weiter aus.
Nachdem die Buchhandlungen von den neueren Lockdowns 2021 ausgenommen sind, steht Odens wieder vermehrt selbst hinter der Theke. Die Auslieferung per Fahrrad hat er aber beibehalten, wenn auch jetzt per Kurier: „Schließlich gibt es immer mal Situationen, in denen man nicht gut aus dem Haus kann oder sich einfach freut, wenn eine Buchbestellung abends noch schnell vorbeigebracht wird.“
Lokal schlägt online
Trotz der Konkurrenz durch den Onlinehandel sieht er die Zukunft seines Buchgeschäfts positiv. „Die Neustadt boomt und ist zum Trendviertel geworden. Auch der Buntentorsteinweg profitiert von dieser Entwicklung, hier kommt man vorbei“, ist er überzeugt, „zudem können wir alle Bücher innerhalb eines Tages bestellen, über unser Internetportal entweder hier in den Laden oder direkt nach Hause – wir können mit Amazon konkurrieren.“
Nach fünf Jahren ist sich Odens sicher: Mit der Buchhandlung hat er genau die richtige Entscheidung getroffen. Anderen Gründerinnen und Gründern empfiehlt er daher, es ähnlich zu halten: Einen Blick von außen zulassen, eine zweite Meinung einholen, gut zu planen und Leidenschaft mit Verstand zu kombinieren.
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